1
War einmal der Dialekt
Bayerns tief im Wald versteckt,
und nach stumm mißglücktem Fluchen
gingen ihn die Bayern suchen.

Mit verbissenem Gesicht,
denn: das liebt der Bayer nicht,
in den Augen Glut und Tücke,
kamen sie und trugen Stricke.

Schauten unter jedes Blatt,
traten alle Pilze platt,
fällten Bäume, wenig schlau,
gruben Füchse aus dem Bau.

Endlich, nach zehn zähen Tagen
stummen Leidens und Ertragen,
fanden sie den Flüchtling wieder,
träumend, unter einem Flieder.

"Siegst des", sprach noch leicht beklommen,
aber nun zu Wort gekommen,
einer aus, "der liegt bloß doar,
träumt sich woas, des is nit woar."

"Sakrament!" entfuhr dem zweiten,
"Kruzifix! der soll mir streiten!
Habt's ihr alle Stricke hier?
Fix! Dann wandern heimwärts mir!"

Und sie banden den Gefundnen,
führten den so Festgebundnen
in der Mitte wie im Kreisel
und sie nahmen ihn als Geisel.

Aber sie verschwiegen später,
wo sie einst den Übeltäter
aufgefundnen und dann zähmten,
so, als ob sie sich des schämten.

Übrig blieb nur dies Gerücht:
Jeder der heut Mundart spricht,
hat dereinst im Wald gehampelt
und die Pilze plattgetrampelt.



2
War einmal ein Philosoph,
der war aber viel zu doof,
der war nicht nur sehr blasiert,
nä, der war total verwirrt!

"Äh" und "Hmmh" mit Zeigefinger,
"...diese Dings, die Dings, die ... Dinger!"
räusper hin und räusper her,
und nochmal das ganze quer.

Hat die Leute vollgequatscht,
wurde nachher noch beklatscht,
ist zufrieden abgedackelt
und hat mit dem Kopf gewackelt.



3
War einmal ein Schloßgespenst,
das die Geisterstunde schwänzt,
und, wenn seine Schulkollegen
Ketten rasseln, Stoff bewegen

und das "Huuh" der Geister üben,
treibt es sich herum mit Dieben
und es hat schon mehr geklaut,
als die Polizei verdaut.

Aber der Gespenst-Direktor
schrieb den Eltern, daß ihr Hektor,
denn so hieß der kleine Geist,
wenig folgsam sich erweist.

Daß er ferner Böses triebe,
frech sei, disziplinlos bliebe,
und kein rechtes Schloßgespenst,
ja, daß er als Dieb geglänzt!

"Machen Sie dem Spuk ein Ende!"
so beschloß in klarer Wende
er den langen, schweren Brief.
Dieser traf die Eltern tief.

Ihr Gespenst! Ihr guter Sohn!
All ihr Glück, ihr Lebenslohn!
Ihr behütet Kind, so lieb,
nun ein schändlich Menschendieb!

Also gab es andre Saiten.
Jetzt muß es Papa begleiten,
jede Nacht und eine Stunde
heulen wie bei Nacht die Hunde.

Und nun muß es Ketten tragen,
angstvoll wimmern, schluchzen, klagen,
und sein Vater achtet scharf
darauf, was es muß und darf.

So ward aus dem wilden Racker
noch ein gut bestellter Acker
und sein Geist ward kultiviert,
ein Gespenst, wie sich's gebührt.

"Rassel, rassel - klacker, klacker -
huuh! Hier spricht der kleine Racker!
Heule, heule - jaule, jaule,
ich bin Hektor, ich verfaule..."



4
War einmal ein Leichenschmaus,
der sah appetitlich aus,
viele Leute, schöne, reiche,
saßen um die tote Leiche.

Festtag war, und eine Gabel
stach der Leiche in den Nabel,
und dann wird das Wort gesprochen:
"Freunde, es ist angestochen!"

Messer klirren, Stühle rücken,
Essensstille - und in Stücken
wird die gute alte Leiche
aufgegessen, auch das Weiche.

Es gehört zum guten Ton,
dann in einer Prozession,
und nicht etwa so im Haufen,
etwa tausend Schritt zu laufen.

Das ist gut für die Verdauung
und bestärkt die Weltanschauung.
Mancher war doch leicht erschreckt,
denn er hat den Tod geschmeckt.